Meet the Makers: NaRr

Die drei Redakteure der Literaturzeitschrift Das NaRr sitzen im Restaurant Steinbock beim Bahnhof Basel, trinken Bier und reden über ihr bisher grösstes Projekt: Die NaRrgenda.

«Wir wollen Literatur wieder zu den Leuten bringen», beginnt Daniel Kissling. «Man liest heute ja nicht weniger als früher, aber statt Briefe liest man SMS und anstatt Bücher die Gratiszeitungen. Das ist eben, was Hinz und Kunz und Krethi und Plethi mit sich tragen, wenn sie etwa in den Zug einsteigen.» – «Die würden schon Literatur lesen, wenn sie eben Literatur dabei hätten», sagt René Frauchiger. «Aber kaum jemand trägt ein richtiges Buch mit sich herum und es ist ja unmöglich, sagen Sie jetzt, dass alle immer ein Buch mit sich herumtragen. Aber nein, ist es nicht. Jeder trägt bereits heute immer ein Buch mit sich herum.» Frauchiger zieht ein schwarzes Buch aus seiner Tasche und legt es auf den Tisch. «Seine persönliche Agenda trägt er mit sich herum. Wenn wir sagen, wir wollen Literatur wieder zu den Leuten bringen, heisst das: wir wollen Literatur wieder in die mitgetragenen Agenden bringen!»

Eine gemütliche NaRr-Lesung

Ein Tram rattert vorbei und eine zerbrechlich wirkende alte Frau flucht zwei Tische weiter über die Kleinbasler Türkenläden. «Literarische Agenden haben eine lange Tradition», sagt René Frauchiger und beginnt von den Kalendern des neunzehnten Jahrhunderts zu erzählen. Er spricht über Gotthelf und seinen Berner Kalender, über Hebel und seine Kalendergeschichten. Daniel Kissling hat sich wieder eine Zigarette angezündet und Lukas Gloor scheint eher dem Geschrei über die Türkenläden zuzuhören, anstatt dieser Historie der Kalender, die er bereits kennt. Bis Frauchiger beim Pestalozzi-Kalender und den Kalendergeschichten von Bert Brecht ankommt, bringt die Bedienung bereits Kaffee.

«Es ist eigentlich ganz einfach», sagt Lukas Gloor. «Was wir hier machen, ist eine ganz normale Agenda, wo jeder seine Termine eintragen kann, aber daneben befinden sich immer auch kürzere Geschichten – und andere Texte – von jungen Autorinnen und Autoren. Es ist also ein Buch, das man immer dabei hat, in dem man immer liest, das man jedoch nie zu Ende gelesen hat. Das ganze Jahr über findet man immer wieder Neues darin, noch Ungelesenes. Deshalb auch der Name NaRrgenda, ist es doch Literatur, wie in unserer Literaturzeitschrift und gleichzeitig, nun ja, Agenda. Verstehen Sie?»

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Das NaRrgenda-Team

Es ist das aufwändigste Projekt, das die NaRr-Redaktion bis jetzt in Angriff genommen hat: Neben den drei Redaktionsmitgliedern sind zwei Illustratorinnen, zwei Grafiker, eine Lektorin und ungefähr vierzig Autorinnen und Autoren an der NaRgenda beteiligt. Exklusiv auf unserem Blog veröffentlichen wir die Geschichte zum Monat Januar von René Frauchinger.

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